Reisekosten Apps vereinfachen Abläufe, die Abrechnung verliert ihren Schrecken

Was sind die Vorteile einer Reisekosten App?

Interview mit André Notroff, Steuerberater und Partner der Kanzlei Notroff & Partner in Potsdam, die Unternehmen verschiedenster Größe und Rechtsform bei der Lohnbuchhaltung, Steuerberatung, Jahresabschluss und Finanzbuchhaltung betreut. 

 

Book One: Was sind die Vorteile einer digitalen Abrechnung mit einer App?

André Notroff: Man muss bei einer Reisekostenabrechnung App immer zwei Aspekte beachten: Arbeitnehmer und Arbeitgeber.

Für Unternehmen ist es wichtig, dass die Arbeitnehmer richtig abrechnen. Dass sie sich an die Regeln halten und wissen, was sie abrechnen können. Eine App gibt für die Mitarbeiter einen guten Rahmen zur Umsetzung der gesetzlichen und firmeninternen Regelungen. Wenn ein Unternehmen festlegt, was es erstatten will, dann wird dies in der App als Reiserichtlinie festgelegt. Zum Beispiel zahlt das Unternehmen 7 € Verpflegungspauschale am Tag. Die reguläre Pauschale für eine Abwesenheit, die länger als 8 Stunden ist, beträgt 14 €. Die Differenz von 7 € kann der Arbeitnehmer seiner privaten Einkommensteuererklärung als Werbungskosten geltend machen.

Grundsätzlich birgt die Berechnung der Reisekosten viele Fehlerpotentiale. Denn die Pauschalen ändern sich jährlich und sind von dem Land und der Reisedauer abhängig. Eine App berechnet automatisch die Pauschalen. Ein Beschäftigter reist etwa am Flughafen BER morgens um 8 Uhr ab und kehrt am nächsten Tag abends um 20 Uhr zurück. Das System errechnet die genaue Abwesenheitszeit und ermittelt die Pauschale für den Verpflegungsmehraufwand und die Übernachtung. Wenn der Reisende im Hotel frühstückt und zu Mittag isst, kürzt die App die Pauschale entsprechend der gesetzlichen Vorgaben. Das System ermittelt den passenden Satz. Komplizierter wird es, wenn Auslandsaufenthalte in mehrere Länder bei einer Reise zusammenkommen.

 

Apps ersparen zeitaufwendige Rückfragen

 

Book one: Was sind die häufigsten Fehler bei Reisekostenabrechnungen?

André Notroff: Eine Abrechnungs-App gibt den Beschäftigten Kontrolle, dass sie alle notwendigen Informationen ausgefüllt haben. Sobald sie den Bewirtungsbeleg hochgeladen haben, kommt ein Hinweis, was ausgefüllt werden muss.

Ein weiteres Problem ist die Unvollständigkeit der Belege. Wenn bei der Visa-Kartenabrechnung von 10 Positionen nur 6 Belege dabei sind, muss die Buchhaltung dies anmahnen. Rückfragen sind zeitaufwendig. Abrechnungen sind nur mit Beleg vollständig. Notfalls kann man einen Eigenbeleg ausstellen, wenn der Beleg fehlt.

Dann kommt es vor, dass ein Mitarbeiter die 24 € Verpflegungspauschale komplett beansprucht. Wird das Frühstück mit der Hotelrechnung beglichen, wird die Pauschale gesenkt. Ein anderes Beispiel ist eine Geschäftseinladung zum Essen. Auf dem Beleg müssen der Anlass und die Gäste angegeben werden.

Eine gute App und gibt vor, welche Angaben gemacht werden müssen. Auch sind die Pauschalen hinterlegt. Im Ausland gelten andere Sätze als in Deutschland für die Übernachtungspauschalen und die Verpflegung. Die App sorgt für Vollständigkeit und erleichtert die Abrechnung. Für die Unternehmen ist es effizienter, wenn die Mitarbeiter die Abrechnung zeitnah zur Reise einreichen und nicht alle Rechnungen im Dezember zusammen kommen.

 

Start-ups verschenken Geld ohne Abrechnung

Book One: Lohnt sich eine App für ein junges Unternehmen?

André Notroff: Junge Unternehmen und Start-ups verkennen das Potenzial von Reisekostenabrechnungen. Manche Mandanten kommen zu uns, denn sie haben im ersten Jahr gute Umsätze erzielt, jedoch keine Kosten. Wichtige Betriebsausgaben gehen dann flöten, wenn die Reisekostenabrechnung fehlt. Wenn Belege nach einem Jahr im Portemonnaie nicht mehr lesbar sind. Oder die Fahrt von Potsdam zur Präsentation nach Mannheim mit dem eigenen Auto nicht als Betriebsausgaben geltend gemacht wird.

Oft ist es leider so, dass die junge Firmen die Reisekosten 1-2 Jahre später abrechnen. Die meisten Gründer verlieren in den ersten Jahren viel Geld, wenn sie keine Betriebsausgaben geltend machen. Dazu gehören auch Reisekosten. Wenn zum Beispiel viel mit dem Privatwagen gefahren wird und keine Abrechnung gemacht wird. Die gefahrenen Kilometer werden abgerechnet,  die Tankzettel sind nicht hilfreich. Start-ups sind viel unterwegs und oft schnell mehr als 8 Stunden außer Haus. Dafür können sie 14 € für Verpflegungsmehraufwand berechnen.

Viele Jungunternehmer und Start-ups übernachten über Airbnb oder bei Freunden. Je nach Land können sie 80-90 € dafür anrechnen. Dann haben wir Mandanten, die fliegen geschäftlich nach Bukarest oder für zwei Wochen in die USA und sammeln nicht die Rechnungen. Für eine Dienstreise brauchen wir einen Nachweis, sowohl über die betriebliche Veranlassung der Reise wie auch Belege für die entstandenen Kosten für die Abrechnung. Die Steuer fragt immer: Wie lange warst du weg? Hast Du Essen bezahlt bekommen? Die App gibt einen Leitfaden und fragt diese Punkte ab.

 

Größere Unternehmen verlieren Zeit mit Kreditkartenbelegen 

Book One: Was bietet die App kleinen und mittleren Unternehmen?

André Notroff: Bei KMU und großen Firmen verursachen die Reisekostenabrechnungen oft einen großen Personalaufwand. Denn die Belege und Abrechnungen müssen zeitaufwendig auf Vollständigkeit verglichen werden. Mitarbeiter verlegen die Belege, weshalb die Abrechnung nicht korrekt ist. Betrachten wir einen Außendienst: eine Firma hat 10 Außendienstmitarbeiter, die tanken, essen, im Hotel übernachten. Da kommen schnell 1.000 Buchungen im Jahr zusammen. Je vollständiger und weniger zeitaufwendig die Abrechnungen sind, um so schneller kann die Vorsteuer abgezogen werden. Die erstattungsfähigen Reisekostenpauschalen gelangen automatisch in die Lohnabrechnung der jeweiligen Mitarbeiter. Das ist wichtig für die Unternehmen.

Wenn Belege über die App abgerechnet werden, sind die Informationen gespeichert und unglaublich wertvoll. Alle Visakartenausgaben sind belegt. Die Buchhaltung weiß, dass demnächst die Abrechnung der Kreditkarte kommt und muss nicht lange suchen. Zusätzlich stehen die so digital erfassten Belege bereits nachgelagerten Systemen zur Verfügung.

Schließlich ist Compliance für Unternehmen ein wichtiger Aspekt. Wenn ein Unternehmen für eine Hotelübernachtung zum Beispiel 100 € gewährt, dann kann dies in den Richtlinien hinterlegt werden. Die App gibt dann die Regeln vor, so dass keine Übernachtung teurer als 100 € abgerechnet werden kann. Dies erspart aufwändige interne Kontrollsysteme.

 

Digitale Belege vereinfachen die Abläufe

 

Book One: Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit dem Steuerberater?

André Notroff:  Durch die App werden die für die Buchhaltung relevanten Buchungssätze vorab generiert und an den Steuerberater übergeben. Dies ersetzt die händische Datenerfassung. Liegen die Belege digital vor, erleichtert dies die Prüfung der Buchhaltungsdaten. So können wir als Steuerberater sicher sein, dass die Belege zum Beispiel zum Vorsteuerabzug berechtigen und die Betriebsausgaben vollständig und richtig erfasst werden.

 

Book One: Was sind die Vorteile einer digitalen Abrechnung?

André Notroff:  Die Vorteile einer App sind richtige Abrechnungen, keine Rückfrageschleifen, einfache Stichproben und keine falsche Abrechnungen. Durch die OCR Erkennung werden aus dem Beleg automatisch Datum, Belegnummer und Betrag ausgelesen. Die Belege sind als Foto-Scan mit den relevanten Daten hinterlegt und können direkt als digitale Abrechnung in die Lohn- und Finanzbuchhaltung einfließen.

 

Die richtige App ist so einfach wie möglich

Book One: Wie wählt man eine App für die Reisekostenabrechnung aus?

André Notroff:  Für mich als Steuerberater ist relevant, wie ich die Daten aus der App in die Buchhaltung bekomme. Manche Mandanten haben tolle Apps, nur kann ich die Daten nicht exportieren, weil die App nicht mit unserem DATEV Systemen kompatibel ist. DATEV ist für viele Steuerberater in Deutschland die Softwarelösung für alle Aufgaben in der Steuerberatung. Wir orientieren uns daher auf der Homepage von DATEV, wo die Partner mit kompatiblen Tools gelistet sind.

Dann gilt für die Auswahl: Eine App muss so einfach wie möglich sein.

 

Book One: Wann lohnt sich eine Reisekosten App?

André Notroff: Zum einen lohnt sich die App, da meine Betriebsausgaben hinsichtlich der Reisekosten vollständig sind. Dadurch stelle ich sicher, dass meinen Umsätzen auch genügend Betriebsausgaben gegenüberstehen und ich die in den Rechnungen enthaltene Vorsteuer abziehen kann. Somit wird keine Steuer verschenkt. Abhängig vom Steuersatz wirken sich 1.000,00 € Betriebsausgaben mit 420,00 € Steuerersparnis aus.

Zum anderen sparen Unternehmen durch eine digitale Abrechnung  Manpower ein, die sonst für die händische Abrechnung der Reisekosten verloren geht. Diese Kapazitäten können dann an einer anderen Stelle eingesetzt werden, wo Bedarf herrscht.

 

Book One: Wann ist eine App rechtsgültig? Kann man sich auf die Abrechnungen verlassen?

André Notroff:  Entscheidend ist, dass die richtigen Pauschalen hinterlegt sind: 30 Cent Fahrtkosten mit dem Pkw und für den Verpflegungsmehraufwand je nach Dauer der Abwesenheit und Land. Für die Abrechnung ist wichtig, dass die gefahrenen Kilometer und die Abwesenheitsdauer dokumentiert sind. Dann muss die Berechnung entsprechend dem Steuerrecht erfolgen.

 

Book One: Wie werden die Belege archiviert? Welche Kriterien gelten für die rechtssichere Archivierung?

André Notroff:  Eine App ist grundsätzlich ein vorgelagertes System. Der Beleg muss spätestens im Rahmen der Buchhaltung archiviert und revisionssicher abgelegt werden. Der Beleg darf nicht verändert werden und muss 10 Jahre aufbewahrt werden

Damit Rechnungen nicht mehrfach verwendet werden, kann die App Belegnummern vergeben.

 

Book One: Vielen Dank für das Gespräch Herr Notroff!

 

Foto: Photo by Sharon McCutcheon on Unsplash